Erich Lindsiepe - ein Urgestein der Krüperzucht erzählt, wie er Krüperzüchter wurde

So fing alles an ...

 

Wir - meine Frau Edda und die Kinder Oliver und Kathrin - waren mal wieder umgezogen, von Bonn nach Sankt Augustin. Wir hatten ein Haus mit großem Grundstück gemietet.  Durch meine Versetzung in das Materialamt der Bundeswehr hatte ich geregelte Arbeitszeiten. Meine Kollegen schenkten mir zu meinem Geburtstag zur Rasenpflege Beethoven und Mozart - zwei junge Gänse. Das war der Einstieg in die Geflügelhaltung.

 

Bei einem Besuch bei den Schwiegereltern in Kölkebeck Kreis Halle in Westfalen bestaunten wir die neue Hühnerrasse von Opa Alwin, der uns ganz stolz berichtete, dass er diese Krüper vor dem Kochtopf gerettet habe. Sie seien eine alte Hühnerrasse aus Ostwestfalen, und stammen von dem verstorbenen Züchter Hülsmann aus Steinhagen. (Dort gab es früher noch die Krüperzüchter Rudolf Schlichte, Ordelheide, F. Höfener und der Schuster Stroh.)

Bei der Rückfahrt hatte uns Opa Alwin 1,2 Krüper ins Auto gepackt und somit kam diese seltene Rasse ins Rheinland nach Sankt Augustin.

 

1983 wurde ich Mitglied im Rassegeflügelzuchtverein Sankt Augustin und fing an Krüper zu züchten. Der Sonderverein der Bergischen Hühnerrassen und Krüper nahm mit einer Sonderschau in Altenkirchen im Westerwald teil.  Ich stellte dort 2 Krüper-Hähne und 4 Krüper-Hennen aus. Bei der Abholung am Sonntag wurde ich von den Züchtern freundlich begrüßt. Als ich die Bewertungskarten an den Käfigen gelesen habe, wusste ich, warum alle so freundlich waren. Alle Tieren waren in die Bewertung gekommen mit 2 x hv und 2 x sg, 1 x sg und 2 x hv (Begründung: bei weniger Sporenbildung höhere Note möglich). Preisrichter war der PV-Vorsitzende Ernst Meckenstock, seine Benotung war in der Züchterwelt Vorbild.

Ich wurde von einigen Ausstellern angesprochen, ob ich nicht bei den Bergischen mitmachen wollte. Auf der Versammlung 1986 wurde ich - es waren Neuwahlen - direkt zum zweiten Vorsitzenden gewählt.

 

Da die Krüper bei den Bergischen gegen Schlotterkämme und Kräher nur eine Nischenrolle spielten und als Stiefkinder behandelt wurden, beschlossen die Züchter Hans Weber, Renate und Wilhelm Wellner, Rüdiger Wandelt, Dieter Geisemeier, Heinrich Huge und Erich Lindsiepe den Sonderverein der Krüperzüchter von 1904 wieder aufleben zu lassen und eine Trennung von den Bergischen zu beantragen. Bei der Gründungsversammlung  bei Heinrich Huge in Bad Essen - Wimmern wurde ich zum
1. Vorsitzenden gewählt- Rüdiger Wandelt und ich wurden beauftragt, bei der nächsten VHGW-Tagung in Alsfeld 1988 den Antrag auf Aufnahme in den Verband der Züchter  Hühner, Groß- und Wassergeflügel zu stellen. Dank der Unterstützung des 2. Vorsitzenden Anton Müller wurde unser Antrag mit einer Gegenstimme angenommen.

 

1989, zur ersten eigenständigen Hauptsonderschau in Nürnberg, waren 89 Krüper aufgeboten.

Fazit: Nach dem Erfolg von Nürnberg konnte es nur aufwärts gehen. Nach dem Fall der Mauer kamen Züchter Heinz Pabst, Alfred Löbel, Herbert Schäfer und Rudi Thiel aus Thüringen und Sachsen zu uns.

Auf der ersten gemeinsamen Jahreshauptversammlung wurde ein Vorstand gewählt.

1. Vorsitzender Erich Lindsiepe,

2. Vorsitzender Heinz Pabst aus Saalfeld,

Schriftführer Rüdiger Wandelt,

Zuchtwart Hans Weber,

Zuchtwart für Zwergkrüper Albert Bokop (bisher 2. Vorsitzender).

 So war der Sonderverein gut aufgestellt und es verlief alles in guten Bahnen. Und dann kam die Mitteilung aus der Landesregierung Hessen von der Tierschutzbeauftragten Frau Dr. Martin, dass alle Hühner mit kurzen Läufen Qualzucht seien. Während des Brütens würden die Embryos im Ei absterben und dass die Zucht von Krüpern, Chabos, Indischen Kämpfern und Araucana mit Ohrbommeln verboten werden müsste.

 

Der BDRG mit dem Tierschutzbeauftragten Dr. Schmidt - Landesvorsitzender Hessen - sollte die Züchter als BDRG-Bevollmächtigter im Ministerium in Hessen vertreten.

Das ging gegen meine innere Überzeugung. Meine Eingabe beim Hessischen Ministerium, dass ich die Krüper dort selbst vertreten werden, wurde nach langem Hin und Her stattgegeben. Der BDRG-Präsident Edmund Vef äußerte daraufhin, dass er sich nicht mit einem normalen Züchter an den Tisch setzen würde. Erich Lindsiepe, Rüdiger Wandelt und Werner Hagen von den Chabos machten sich mit 1,3 Krüpern auf den Weg in das Hessische Ministerium. Die Käfige wurden aufgebaut und die Tiere eingesetzt. So konnten sich die Teilnehmer, Abteilungsleiter und Mitarbeiter des Referats Tierschutz mit eigenen Augen ein Bild von den angeblichen Qualzuchten machen. Als Gutachter für das Ministerium war Herr Dr. Thomas Bartels von der Universität Hannover vertreten.

Meinen Ausführungen zur Urteilsfindung, dass bei der Verpaarung ein Elterntier langbeinig sein muss, konnten wir zustimmen. Auch die Araucana-Züchter stimmten nach langem Überlegen der Verpaarung mit Bommel und ohne Bommel dem Kompromiss zu. So hatten wir für die Züchter dieser Rassen alles erreicht.

 

Eine Rasse, die sich über 5 Jahrhunderte hält und gezüchtet wird, kann nicht schlecht sein. Sonst wäre sie längst ausgestorben. Hätten wir damals die Entscheidung dem BDRG überlassen, wäre die Züchtung von diesen drei Rassen verboten worden. Ich bedanke mich bei der Tierschutzbeauftragten Frau Dr. Martin für diesen Kompromiss. Ich pflege diesen Kontakt noch heute.